Die Spangen-Zeiten und ihre Konsequenzen

Die Spangen-Zeiten

Welche Konsequenzen haben die neuen Therapiezeiten für podologische Praxen?

 

In den vergangenen Wochen erhitzen zwei Punkte die Gemüter:

1) Wie sollen die großzügigen Behandlungszeiten vor- und eingehalten werden,

und 2) wie soll man mit der Summierung umgehen, wenn mehrere Zehen am gleichen Menschen behandelt werden?

Die Fakten:

  • Die Zeiten sind (im Gegensatz zu PKB) nicht als Zeitrahmen, sondern als feste Therapiezeit formuliert. Die Leistung soll Patienten bestmöglich und qualitativ vergleichbar verfügbar sein. Die Leistungsbeschreibung ist bindender Behandlungsstandard.
  • Die Zeiten sind in den ohnehin ausgebuchten Praxen nicht vorhanden. Will man Spangen machen, muss man sich entscheiden: entweder Zeitbetrug begehen, Überstunden machen, oder PKB Patienten vor die Tür setzen.
  • Eine Praxis, die ausschließlich Spangenpatienten behandelt, ist ggf. unwirtschaftlich gegenüber einer „PKB-Praxis“.
  • Leistungskürzungen der Behandlungszeiten sind, wenn überhaupt, nur aus medizinischen Gründen, nicht aus organisatorischen Gründen erlaubt.
  • Es besteht die Verpflichtung zur transparenten Dokumentation. Bei Beschwerden oder Verdachtsmomenten (oder auch einfach so) darf Einsicht durch den Vertragspartner/Geldgeber verlangt werden.

Welche Zukunftsszenarien gibt es?

Mindestens vier:

1) Alle Podologen begehen Zeitbetrug

Wir straffen flächendeckend die Beratungs- und Behandlungszeiten, weil wir es können und gewohnt sind. Damit werden trotzdem gute Ergebnisse erzielt, denn wir wissen: versierte Therapeuten sind in der Lage, in einem Bruchteil der Zeit adäquate handwerkliche Ergebnisse zu liefern.

Kurzfristig eine gut gemeinte Erste Hilfe für Patienten, langfristig aber unklug! Warum?

Zum kommenden Juli werden die Vergütungen neu verhandelt und angepasst.

Wir laufen Gefahr, mit einem unterwandern der Zeiten dem GKV-Verhandlungsargument „Vergütungssteigerung durch Kürzen der Behandlungszeit“ unbewusst zuzustimmen. Das ist strategisch fatal!

Ich möchte nicht schneller arbeiten – lieber besser! Ich möchte beides: eine höhere Vergütung UND Zeit. Die Effizienz-Spirale ist auf Dauer toxisch, und Burnout kann sich die Podologie auf gar keinen Fall leisten: jede Hand wird dringend benötigt!

2) Alle Podologen nutzen die Zeiten- auch wenn es wehtut

Wir gehen mit der Leistungsbeschreibung mit, und lassen die Patienten auf Termine warten, trennen uns vielleicht auch von einzelnen PKB Patienten. Wir setzen vor allem auf schnelle Klebespangen, auch auf RF, lassen uns bei der Befundung und Beratung Zeit, und akzeptieren ggf. finanzielle Einbußen.

Nachdem wir seit den kürzeren Zeiten für PKB auf schnelles Tempo getrimmt sind, ist das ungewohnt, aber gesund.

3) Mehrere Zehen, mehrere Zeiten?

Was ist mit Patienten, die mehrere Spangen bekommen, bei denen sich die Erstberatung dann aufsummiert?

Oder was, wenn Patienten gar nicht so viel Zeit haben (wollen)?

Fakt ist: nur die erbrachte Leistung kann in Rechnung gestellt werden, und die Leistungsbeschreibung und Abläufe sind vorgegeben. Eine Therapie ohne Befund ist (medizinisch richtig) nicht vorgesehen.

Zum Nachteil der Patienten ist es sicher nicht, wirklich umfassend zu mehreren Nägeln zu beraten. Wenn man bedenkt, dass Nagelprobleme über Jahre entstanden sind, sind 1,5 Stunden Befund- und Beratungstermin eine vergleichsweise kleine Investition.

Eine gute Frage:

Warum sollten wir unsere Kompetenz und auch die Probleme des Patienten immer nur klein machen und im „Vorbeigehen“ wegzaubern?

Die Beratung ist unsere Bühne!

4) Unterschreiten der Zeiten: ja, wenn medizinisch erforderlich

Es gibt eine Ausnahme: Wenn medizinische Gründe die Behandlung zeitlich limitieren. Diese Fälle sind zu dokumentieren.

Ein Beispiel: dem Patienten wird bei der Demonstration des richtigen Nagelschnitts so übel, dass die Behandlung abgebrochen wird. Oder Rückenschmerzen verhindern langes Sitzen, die Behandlung muss gestrafft werden.

Hier hilft das Zitieren der Physio-Vertrages, der diese Möglichkeit explizit benennt:

Quelle

Fazit

Selbst wenn wir schnell können, ist schnell sein nicht die beste Arbeitsweise.

Langfristig ist es besser und gesünder, die Komplexität der Leistung nicht auf ein Schnellverfahren zu reduzieren, und lieber auf Vergütungs- statt Zeit-Anpassungen zu setzen.

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Viel Erfolg, starke Nerven und einen langen Atem wünsche ich dir!